Der-Heavy-Metall-Hochsitz – ein Rohr, das nie krepiert

Mit dem Fund dieses Ansitzes regte sich bei mir erstmals der leise Verdacht, in dem von mir frequentierten Wald geht etwas nicht mit rechten Dingen vor sich.

Erlaubt man sich gar einen skurrilen Scherz mit mir, indem man vermeintlich für mein Auge und meine Feder quasi über Nacht die wunderlichsten Hochstühle zusammenzimmert und aufstellt, in süffisanter Erwartung literarischer Spottgesänge zur allgemeinen weidmännischen Erheiterung?  Oder bin ich – wie so oft in meiner plumpen und tollpatschigen Art – unbewusst in eine Art geheime Hochsitz-Weltkulturerbe-Region gestolpert? 

Aber bevor ich nun mit irgendwelchen abstrusen Verschwörungstheorien um mich schieße, hier das verwunderliche Beweismaterial – ungefiltert und unbearbeitet.

Es handelt sich hier tatsächlich um einen Hochstuhl, dessen Tragegestell aus fachmännisch zurechtgesägten hohlen Metallstangen professionell zusammengeflanscht wurde. 

Neben einem bleibenden Eindruck hinterlässt diese Art Konstrukt bei der Schreiberin tatsächlich mannigfaltige Fragezeichen im Gesicht (und dem vorangeschrittenen Alter sei Dank vor allem reichlich fragezeichenförmige Denkerfalten auf der Stirn). Doch will ich mich nichtsdestotrotz an einer weitergehenden Analyse versuchen, auch wenn diese sich sprichwörtlich als „Rohrkrepierer“ erweisen mag:

  • Der Erbauer leidet definitiv NICHT an einer Holzallergie (was der am nächsten liegende Gedanke wäre), denn die Sitzfläche ist nicht aus metallenem Gestänge, sondern aus spartanisch schlichtesten Brettern gezimmert. Zudem scheint der Erwerb eines Jagdscheins als Holzallergiker nicht wirklich erstrebenswert, es sei denn, man ist masochistisch veranlagt oder versucht sich sprichwörtlich an einer Desensibilisierung nach der „Holzhammermethode“.
  • Der Erbauer/ Jäger könnte möglicherweise ein pensionierter Bademeister, Linienrichter oder auch Gerüstbauer sein, der seinem einstigen erhabenen Arbeitsplatz nachtrauert. Er vertraut zudem der Resilienz und Stabilität einer gusseisernen Konstruktion gewohnheitsmäßig deutlich mehr als der Tragkraft nachhaltiger Baustoffe (allerdings bei der Komfortabilität des Gesäßträgers wird dann eben wieder – siehe erster Punkt – Holz bevorzugt, auch wenn es nur ein vergleichsweise dünnes Brettchen ist).
  • Auch wenn dieser Hochsitz gewisse Ähnlichkeit mit einem Kinderhochstuhl hat, schließe ich indes aus, dass der Erbauer/ Jäger sich fernab der eigenen vier Wände ein kindlich-fröhliches Wohlgefühl verschaffen möchte, indem er sich quasi durch bauliche Überdimensionierung schrumpft.
  • Die eigenwillige Konstruktion in Verbindung mit der fehlenden Verankerung im Waldboden erlaubt dem Erbauer eine gewisse revierbezogene Flexibilität, kann das Gesamtwerk doch jederzeit nach Belieben in alle Himmelsrichtungen gedreht, verschoben oder vermittels geeignetem Werkzeug ohne Qualitätseinbuße in seine Einzelteile zerlegt und an anderer Stelle wieder zusammen geschraubt werden. Anders gefragt: Wird ein Jäger in einem standardmäßig herkömmlich fixierten Ansitz dem dauerhaften Anblick des immergleichen Waldausschnittes nie müde?

Nun wünschen wir dem Erbauer/ Jäger noch zum Schluss, dass er bei einem aufkommenden Gewitter hoffentlich rasch das Weite sucht, damit er mitsamt seinem Jagdgerüste nicht zum Blitzableiter oder (Jäger)Spießbraten mutiert, aber möglicherweise empfängt er durch sein tragendes Gestänge ja ohnehin den lokalen Wetterfunk. 😉